Hans Rosenthal

Von den 1960er bis in die 1980er Jahre war Hans Rosenthal (1925 – 1987) einer der beliebtesten Showmaster im deutschen Radio und Fernsehen. Als Überlebender des Holocaust setzte sich der fußballbegeisterte Berliner Entertainer bis zu seinem Tod für das jüdische Leben in Deutschland ein.

von Heiko Noack
Hans Rosenthal (Autogrammkarten-Portrait), um 1970.
Unknown author (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Hans_Rosenthal_Autogrammbild.jpg), „Hans Rosenthal Autogrammbild“, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/legalcode
  • 1925: Geburt am 2. Januar in Berlin
  • 1920er-1930er Jahre: Jugend in Prenzlauer Berg
  • 1946: Beginn seiner Karriere im Rundfunk, zunächst als Sprecher und Moderator
  • 1950: Erste Fernsehsendung im deutschen Fernsehen
  • 1960er Jahre: bekanntester deutscher Fernsehmoderator
  • 1970: Gründung der „Hans Rosenthal Stiftung“ zur Unterstützung von Bedürftigen
  • 1971: erster Auftritt als Quizmaster der Sendung „Dalli Dalli“
  • 1972: Verleihung des Bundesverdienstkreuzes
  • 1986: letzte Moderation von „Dalli Dalli“
  • 2003: Tod am 10. September in Berlin
Aus „Zwei Leben in Deutschland. Eine deutsch-jüdische Geschichte“:
»Und wenn mir die Kinder der Nachbarschaft „Dalli-Dalli” nachrufen, dann denke ich: Ja, ich habe mich eigentlich immer beeilt in meinem Leben. Nicht um dem Glück nachzulaufen, sondern um dem Unglück zu entgehen. Und dabei bin ich dann dem Glück begegnet.«
Hans Rosenthal

Am 2. Januar 1925 wurde Hans Rosenthal im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg als erstes Kind von Kurt und Else Rosenthal geboren. Seine Kindheit und Jugend waren vom frühen Tod seiner Eltern und der nationalsozialistischen Herrschaft überschattet.

Flucht und Versteck

Wegen seiner jüdischen Herkunft wurde er diskriminiert und verfolgt.  Die Deportation und Ermordung seines Bruders sowie und verschiedene Stationen in Zwangsarbeitslagern brachten den inzwischen 17-Jährigen 1943 dazu, unterzutauchen. Drei Frauen halfen ihm dabei, indem sie ihn in einer Lichtenberger Kleingarten-Kolonie versteckten.

Mithilfe eines einfachen Empfangsgeräts hörte er im Versteck Radio: deutsche Propaganda und alliierte Sendungen. Daraus entstand sein Wunsch, selbst Radio zu machen, ein Radio im Dienst der Freiheit.
Haushaltsausweis mit „Reichsbrotkarte“ der Stadt Berlin und handschriftlichen Kommentaren, 1940/41. Nur ein Beispiel für die alle Lebensbereiche durchdringende antisemitsche Ausgrenzung und Verfolgung unter nationalsozialistischer Herrschaft.
© Stadtmuseum Berlin
Das Haus des Rundfunks an der Masurenallee in Westend, 1954
© Stadtmuseum Berlin | Foto: Rolf Goetze

Zum Rundfunk

Nach der Befreiung durch die Rote Armee im April 1945 erfüllte sich sein Wunsch schnell. Schon im Mai begann Rosenthal eine Ausbildung beim „Berliner Rundfunk“ der sowjetischen Militärverwaltung im „Haus des Rundfunks“ an der Masurenallee. Nach seiner Übernahme als Regie-Assistent engagierte er sich auch im Betriebsrat.

Wechsel in den Westen

1947 heiratete Hans Rosenthal die in Spandau geborene Traudl Schallon (1927 – 2016), die er in der Kantine des Berliner Rundfunks kennengelernt hatte und mit der er sein Leben lang zusammenblieb. Aufgrund seiner demokratischen Überzeugung geriet er in dieser Zeit als Betriebsrat zunehmend mit dem „Berliner Rundfunk“ in Konflikt. So wechselte er im Juni 1948 zum „Rundfunk im Amerikanischen Sektor“ (RIAS), in dessen Schöneberger Funkhaus er zunächst als Aufnahmeleiter, später als Regisseur tätig war. In dieser Funktion begleitete er unter anderem die beliebte Kabarett-Sendung „Der Insulaner“, deren Titel auf die Insellage West-Berlins inmitten der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) anspielte.
Hans und Traudl Rosenthal, um 1980.
© Stadtmuseum Berlin | Foto: Harry Croner
Hans Rosenthal bei der Moderation eines Abends zur Erinnerung an den Komponisten Paul Lincke (1866 – 1946) aus Anlass von dessen 100. Geburtstag, 6. November 1966.
© Stadtmuseum Berlin | Foto: Rolf Goetze
In den 1950er Jahren trat Rosenthal erstmals als Showmaster auf. In Radio und Fernsehen präsentierte er Unterhaltungssendungen, die das Publikum begeisterten. Etwa zeitglich begann er, Publikumsveranstaltungen mit prominenten Persönlichkeiten aus Theater und Film zu moderieren. Seine charmante Art und seine Redegewandtheit machten ihn dabei schnell beliebt.

Quiz-Erfolg und Fußball-Begeisterung


Seine bekannteste Sendung war „Dalli Dalli“, eine Spiel-Show mit prominenten Gästen. Ab 1971 im Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF) ausgestrahlt, wurde die Sendung von Rosenthal mit Witz und Charme moderiert. Dabei unterstützen ihn Der Musiker Heinrich Riethmüller und der Schnellzeichner Oskar (Hans Bierbrauer), der während der Sendung in Sekundenschnelle Karikaturen der Studiogäste schuf. „Dalli Dalli“ wurde zu einem der erfolgreichsten Formate im westdeutschen Fernsehen und machte Rosenthal weit über die Grenzen Berlins hinaus bekannt.

Neben Funk und Fernsehen war der Fußball Hans Rosenthals zweite große Leidenschaft. Seit August 1946 im Besitz einer Fußball-Lizenz, spielte er zunächst in einer von ihm gegründeten Auswahl des „Berliner Rundfunks“, später in einem West-Berliner „Prominenten-Elf“, zu deren Gründern der bekannte Kabarettist Wolfgang Neuss gehörte.  Das Team pflegte schloss sich dem in Westend beheimateten Fußball-Club Tennis Borussia Berlin an und trainierte regelmäßig in dessen Mommsenstadion. So wurde Tennis Borussia für Rosenthal zum sportlichen Zuhause. Ab 1965 lenkte er als Präsident die Geschicke des Vereins.
Showmaster Hans Rosenthal und Assistentin Monika Sundermann bei „Dalli Dalli“, 1970er Jahre
Unknown author (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Hans_Rosenthal_und_Monika_Sundermann_Dalli-Dalli.jpg), „Hans Rosenthal und Monika Sundermann Dalli-Dalli“, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/legalcode
Die Prominenten-Elf, die sich Tennis Borussia anschloss und im Mommsenstadtion trainierte. Stehend (von links nach rechts): Manager Walter Kirchner, unbekannt, Kellner, Axel Lange, Lothar Hinze, Modler, Gino Ferrin, Friedhelm Haebermann, unbekannt, unbekannt. Mittlere Reihe: Schollbach, Hans Rosenthal, unbekannt, unbekannt, Wolfgang Gruner, Thomas Drexler, David Goldberg, Prof. Dr. Wilhelm Wedig. Vordere Reihe: Hans-Joachim Neubert, Alfred Weiss, Gert Rosenthal, Wolf Preuß, Stolle, Dr. Frank Gebert.
© Stadtmuseum Berlin | Foto: unbekannt
In seiner Amtszeit etablierte sich der Club hinter Hertha BSC und Tasmania 1900 als ernstzunehmende Größe im West-Berliner Fußballsport und spielte viermal um den Aufstieg in die Fußball-Bundesliga. Auch nach seiner aktiven Zeit als Präsident blieb Rosenthal Tennis Borussia verbunden und genoss im Verein und bei den Fans hohes Ansehen. Er trainierte weiterhin jeden Samstag für die Prominenten-Elf, die sich seit 1987 „Hans-Rosenthal-Team“ nennt.

Auch Rosenthals Markenzeichen aus der Quiz-Show „Dalli Dalli“ lebt bei Tennis Borussia bis in die Gegenwart fort: Bei jedem Tor der Heim-Mannschaft erscheint auf den Stadion-Monitoren das Bild des springenden Showmasters. Dazu ruft der Stadtion-Sprecher „Sie sind der Meinung, das war…“ und die Fans wie seiner Zeit das Studio-Publikum im Chor: „Spitze!“
Fußballtrikot von Tennis Borussia Berlin aus dem Besitz von Hans Rosenthal, 1975.
© Stadtmuseum Berlin

Engagement für jüdisches Leben

1980 veröffentlicht Hans Rosenthal seine Biografie „Zwei Leben in Deutschland. Eine deutsch-jüdische Geschichte“. Überhaupt war der Showmaster „Hänschen“ Rosenthal, wie er oft liebevoll genannt wurde, nur eine Seite des Holocaust-Überlebenden, der unter der nationalsozialistischen Diktatur nahe Angehörige verloren hatte. Die andere Seite war sein Engagement für jüdisches Leben in der Bundesrepublik und in West-Berlin.

Aus „Zwei Leben in Deutschland. Eine deutsch-jüdische Geschichte“:
„Mein eigenes Leben (…) war wie ein verkleinertes Spiegelbild dessen, was diesem Lande widerfahren ist, das ich – trotz oder gerade wegen der Leidenszeit, die mir auferlegt war – als Vaterland empfinde. Aus der Zeit totaler Verdunkelung ging der Weg der Deutschen in helles Licht. Es war manchmal grell und nicht immer wärmend. Aber es war ein Glücksfall vor dem Hintergrund der Kälte, aus der es keinen Ausweg zu geben schien.“
Hans Rosenthal

Als Mitglied des Zentralrats der Juden in Deutschland und als Vorsitzender der Repräsentanten-Versammlung der Jüdischen Gemeinde zu Berlin förderte und unterstützte Rosenthal das nach dem 2. Weltkrieg neu entstehende jüdische Leben nach Kräften. Seine beiden Kinder erzog er im jüdischen Glauben. Auch für humanitäre, soziale und politische Themen setzte er sich ein. Dabei half ihm seine bundesweite Prominenz.

Im Frühling 1983 sollte in Bad Hersfeld (Hessen) ein Kameradschaftstreffen von ehemaligen Angehörigen der nationalsozialistischen Waffen-SS stattfinden. In seiner Quiz-Show „Dalli Dalli“ rief Rosenthal deshalb am 19. Mai 1983 den dortigen Bürgermeister öffentlich dazu auf, das Treffen zu verhindern. In der Folge gingen beim ZDF antisemitische Schmähbriefe gegen den Showmaster ein. Das Kameradschaftstreffen fand trotz Rosenthals Appell statt, sah sich aber Protesten aus der Bevölkerung ausgesetzt, begleitet von Solidaritäts-Botschaften aus dem In- und Ausland.  Noch bis 1986 moderierte Hans Rosenthal „Dalli Dalli“. Am 10. Februar 1987 starb er in Berlin.

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