Die Konzertreihe an der Orgel umfasst Konzerte im Rahmen von „Dekoloniale – was bleibt?!“ Kurator und Organist: Jack Day.
Zuhören, entspannen, nachdenken: Unter diesem Motto lädt das Stadtmuseum Berlin allwöchentlich ins Museum Nikolaikirche ein.
Schwarze Komponist*innen im Mittelpunkt
Die Konzertreihe „Nikolai-Musik am Freitag“ stellt von Januar bis März erneut Werke von Schwarzen Komponist*innen in den Mittelpunkt, die in der klassischen Musiktradition wirkten.
Nach dem Erfolg der Reihe mit der Eröffnung der dezentralen Ausstellung „Dekoloniale – was bleibt?!“, die erstmals den Fokus auf Florence Price (USA, 1887–1953), Nathaniel Dett (Kanada, 1882–1943) und Samuel Coleridge-Taylor (Großbritannien, 1875–1912) legte, setzt das Museum Nikolaikirche diese Linie mit einem neuen Programm fort.
Neu hinzu kommt Joseph Bologne, Chevalier de Saint-Georges (Guadeloupe/Frankreich, 1745–1799), ein herausragender Geiger, Komponist und Dirigent. Seine elegante, technisch anspruchsvolle Musik, darunter Cembalosonaten und Streichquartette, machten ihn zu einer der zentralen Persönlichkeiten der Pariser Musikszene des 18. Jahrhunderts.
Florence Price: Innovation und Inspiration
Florence Price, die erste afroamerikanische Komponistin, deren Werke von einem großen Orchester aufgeführt wurden, steht weiterhin im Mittelpunkt der Konzertreihe. Ihre Ausbildung am Chicago College of Music umfasste ein intensives Studium der Orgel.Mit den großen, orchestral-anmutenden Orgeln in den USA war sie vertraut. Diese Instrumente boten oft besondere Klänge wie die „Harfe“, die auf der Orgel der Nikolaikirche fehlt. Dennoch bietet die Nikolaikirche mit ihrem langen Nachhall eine ideale Umgebung, um Prices Musik zu interpretieren. Ihre Suite for Organ No. 1, Organ Sonata No. 1 und die Passacaglia sind bedeutende Werke.
Wir freuen uns, Musiker*innen gefunden zu haben, die diese Stücke speziell für die „Nikolai-Musik am Freitag“ einstudiert haben.
Klangliche Begegnungen mit der Romantik
Die Konzerte kombinieren Prices Werke oft mit Kompositionen aus der französischen Romantik von Louis Vierne, Charles-Marie Widor und Gabriel Fauré. Diese Werke schaffen klangliche Parallelen und verweisen auf Prices Organistinnen-Ausbildung in Chicago, in der sie solche Komponist*innen gekannt haben dürfte. Ergänzt werden die Programme durch Werke von J.S. und C.P.E. Bach, Felix Mendelssohn-Bartholdy, sowie Improvisationen.
Programm
Das Programm schließt mit einem großen Werk von Max Reger, das die barocken Vorbilder Johann Sebastian Bachs aufgreift. Den Auftakt bildet Bachs Dorische Toccata. Florence Prices Passacaglia, die ebenfalls deutlich von Bach inspiriert ist, wird am 7. und 14. März in dieser Reihe zu hören sein.
Joseph Bologne, Chevalier de Saint-Georges (1745–1799), war ein herausragender Komponist und Violinist, der in Paris lebte und wirkte. Sein Opus 1, veröffentlicht 1773, umfasst sechs Streichquartette, die zu den frühesten Beispielen dieser Gattung in Frankreich zählen. Diese Werke zeigen den Einfluss von Joseph Haydn, der als Vater des Streichquartetts gilt und dessen Kompositionen Bologne inspirierten.
Neben seiner Tätigkeit als Musiker diente Bologne während der Französischen Revolution als Kommandeur (Colonel) der Légion des Américains et du Midi, dem zu dieser Zeit einzigen Regiment mit Schwarzen Soldaten in Europa. Darüber hinaus war Bologne für den Posten des musikalischen Direktors der Académie Royale de Musique in Paris vorgesehen, scheiterte jedoch an seiner Berufung – nicht zuletzt aufgrund des damals vorherrschenden Rassismus.
Joseph Bologne war als Musiker von Marie Antoinette von Österreich-Lothringen, Königin von Frankreich (1755-1793), beschäftigt. Es wird vermutet, dass diese Sonaten bei ihren exklusiven Soireen gespielt wurden, mit Marie Antoinette selbst am Fortepiano.
Den Anfang macht Carl Philipp Emanuel Bach (1714–1788), ein führender Vertreter des empfindsamen Stils, der oft als Übergangsphase zwischen Barock und Klassik angesehen wird.
Stellvertretend für die Wiener Klassik erklingt ein Satz aus einer Klaviersonate von W.A. Mozart (1756–1791), der diesen Stil entscheidend prägte.
Joseph Bologne, Chevalier de Saint-Georges (1745–1799), nahm diese neue Stilrichtung früh auf. Seine dritte Cembalosonate, komponiert ab 1775 und verlegt von Antoine Bailleux, verbindet die Eleganz der Wiener Klassik mit seiner eigenen Musiksprache.
Alle drei Komponisten waren eng mit dem kulturellen Leben der Aristokratie oder der Kirche verbunden. C.P.E. Bach wirkte zunächst am Hofe Friedrichs II. von Preußen und später als Musikdirektor der fünf Hauptkirchen Hamburgs. Mozart begann seine Karriere unter der Patronage des Salzburger Erzbischofs Hieronymus Colloredo, bevor er freischaffender Komponist in Wien wurde. Saint-Georges leitete das Orchester des Herzogs von Orléans in Paris und war ein prominenter Musiker in den Kreisen des französischen Adels.
Jack Day ergänzt das Programm durch Improvisationen, die als Weiterentwicklung aller drei Stücke gedacht sind, jeweils in der musikalischen Sprache der Werke.
Das Programm wird ergänzt durch Léon Boëllmanns Suite gothique (1895), die ebenfalls in c-Moll beginnt. Während Price ein Werk mit einer modernen und vielseitigen Klangsprache präsentiert, greift Boëllmann auf eine romantische Form zurück, die von der gotischen Ästhetik inspiriert ist. Seine Suite eröffnet mit dem majestätischen Introduction-Choral, gefolgt vom tänzerischen Menuet gothique und dem innigen Prière à Notre-Dame, bevor die Suite mit der dramatischen Toccata schließt.
Beide Werke erkunden auf ihre Weise die klangliche Vielfalt der Orgel: Price mit symphonischer Weite, Boëllmann mit historisierenden und dramatischen Akzenten.
Im Kontrast dazu steht Felix Mendelssohn Bartholdys Orgelsonate B-Dur, Op. 65 Nr. 4. Der majestätische eröffnende Satz wird durch ein lyrisches Andante religioso ergänzt, bevor das Werk in einem energischen Finale seinen Höhepunkt findet.
Die Komponist*innen:
Joseph Bologne, Chevalier de Saint-Georges (1745–1799), erlangte außergewöhnliche Anerkennung am französischen Hof. Seine Cembalosonate Nr. 1 spiegelt die Eleganz und Virtuosität wider, die in der höfischen Gesellschaft hoch geschätzt wurde. Neben seiner Tätigkeit als Musiker diente Bologne während der Französischen Revolution als Kommandeur (Colonel) der Légion des Américains et du Midi, dem zu dieser Zeit einzigen Regiment mit Schwarzen Soldaten in Europa. Darüber hinaus war Bologne für den Posten des musikalischen Direktors der Académie Royale de Musique in Paris vorgesehen, scheiterte jedoch an seiner Berufung – nicht zuletzt aufgrund des damals vorherrschenden Rassismus.
Alexandre-Pierre-François Boëly (1785–1858), Organist an Saint-Germain-l’Auxerrois in Paris, repräsentiert den bürgerlichen Kirchenmusiker des 19. Jahrhunderts. Sein Offertoire in F zeigt den Einfluss der klassischen Tradition und verbindet sie mit einem wachsenden romantischen Ausdruck.
Jean-Claude Touche (1926–1944), ein aufstrebender Komponist und Organist, wuchs im intellektuellen Milieu von Paris auf. Seine Pastorale, ein Werk von zarter Schönheit, entstand während der Unruhe des Zweiten Weltkriegs. Touche, der 1944 im Alter von nur 18 Jahren fiel, hinterließ ein beeindruckendes, wenn auch kleines Vermächtnis.
Florence Price (1887–1953) wurde in Little Rock, Arkansas, geboren und verließ die Stadt 1927, um dem tief verwurzelten Rassismus des Südens zu entkommen. In Chicago fand sie ein Umfeld, in dem sie sich als Komponistin entwickeln konnte. Dennoch blieb ihre Karriere ein ständiger Kampf um Anerkennung in einer von männlichen und eurozentrischen Standards dominierten Musikwelt.
Das Programm wird durch weitere Suiten ergänzt, die auf ihre eigene Weise faszinieren. Florence Price, eine ausgebildete Konzertorganistin, studierte unter anderem in Chicago und am New England Conservatory, wo sie ihre Liebe zur Orgelmusik entwickelte. Ihre Suite steht in spannender Verbindung mit Louis Viernes Carillon de Westminster, das die prachtvolle französische Orgeltradition feiert, und Gabriel Faurés Sicilienne, die durch ihre elegante Melodie und Leichtigkeit bezaubert. Alle drei Stücke nutzen die Orgel, um mit romantischer Harmonik und ausdrucksstarken Klangfarben besondere Geschichten zu erzählen – eine wunderbare Gelegenheit, die Vielfalt der Gattung Suite zu erkunden.
Samuel Coleridge-Taylor (1875–1912) war ein britischer Komponist aus London, der europäische Kompositionsstile mit Einflüssen aus afrikanisch-amerikanischen Traditionen verband. Antonín Dvořák, der in seiner Symphonie Nr. 9 „Aus der Neuen Welt“ (1893) die Erforschung lokaler Traditionen der Musikthematisierte, wird oft als Inspirationsquelle für Coleridge-Taylor genannt, auch wenn Dvořáks Musik hier nicht erklingt. Harmonische Dichte und lyrische Gestaltung in Coleridge-Taylors Werken erinnern manchmal an Johannes Brahms, während Edward Elgar ihm in melodischem Ausdruck und Orchesterfarben als Vorbild diente. Mit seiner Hiawatha Trilogy nach Longfellows Gedicht erlangte Coleridge-Taylor große Anerkennung in England.
Hinweis
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Der Eintritt zum Konzert ist frei für Personen mit einem ukrainischen Pass, einem Aufenthaltstitel der Ukraine oder einem gültigen Studierendenausweis einer ukrainischen Universität und einer Aufenthaltserlaubnis in Deutschland sowie für alle Personen mit elektronischem Aufenthaltstitel (eAT).
Вхід на нашу серію подій «Nikolai-Musik am Freitag» безкоштовний для людей з українським паспортом, посвідкою на проживання з України або дійсним студентським посвідченням українського університету та посвідкою на проживання в Німеччині, а також для всіх, хто має електронну вид на проживання (eAT).
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