Die buntgewebte Polsterung der beiden grünen Stühle (Hochlehner) zeigt links Violinen und rechts einen Dudelsack.
© Stadtmuseum Berlin | Foto: Stefan Petri

Die „Reichsbankmöbel“

Sie kamen als Überweisung des Ministeriums für Finanzen der DDR in den 1950er Jahren an das Märkische Museum: 47 französische Antiquitäten des 18. und 19. Jahrhunderts. Was haben französische Möbel mit der Stadtgeschichte Berlins zu tun? Ein Beitrag aus der Provenienzforschung.

Seit 2008 betreibt die Stiftung Stadtmuseum Berlin systematische Provenienzforschung. Gefördert wurde dies durch die Stiftung Deutsches Zentrum Kulturgutverluste und das Land Berlin. Das Stadtmuseum Berlin kommt damit seiner Verpflichtung nach, seine Sammlungen auf die Rechtmäßigkeit der Erwerbungen zu überprüfen.

Der „Tag der Provenienzforschung“ war für Dr. Regina Stein und ihr Team Anlass, auf ein Projekt hinter den Kulissen des Stadtmuseums Berlin hinzuweisen: die Provenienzforschung zur Herkunft der sogenannten „Reichsbankmöbel“ – 47 französische Antiquitäten des 18. und 19. Jahrhunderts. 

Unter einem Tisch wurde die Bleistift-Aufschrift „abgesandt Paris 13.VII.1943“ gefunden.
© Stadtmuseum Berlin | Foto: Regina Stein

Auf Spurensuche

Inventarbucheinträge zeigen: Die Herkunft der Möbel ist eng mit Berlin und Paris verwoben. Eine unter einem Tisch in Bleistift angebrachte Inschrift „abgesandt Paris 13.VII.1943“ führt in das von den Deutschen besetzte Frankreich zurück.
Die Möbel kamen zur Ausstattung der Räume der Reichsbank aus Paris nach Berlin.

Sie überdauerten den Zweiten Weltkrieg in den Gebäuden der ehemaligen Reichsbank in Berlin-Mitte, deren Nutzer in der Nachkriegszeit rasant wechselten: Sowjetische Kommandantur, Stadtkontor Berlin und Ministerium für Finanzen der DDR. Schließlich kam es zum Transport in das Märkische Museum.

Chronologisch rückwärts

Unsere aktuelle Forschung zur Geschichte der Möbel geht chronologisch rückwärts und berücksichtigt neben Inventarbüchern, Chroniken, Fotografien und Akten auch jedes Merkmal, das wir an den Möbeln finden: verschiedene Nummern, Aufkleber, Stempel, Namen der Kunsttischler und handschriftliche Notizen. So befassen wir uns nicht nur mit der Sammlungsgeschichte am Haus, mit der DDR-Geschichte und der Berliner Nachkriegszeit. Die Spuren führen uns auch zurück bis in die Zeit des Nationalsozialismus und bis zur Herstellung der Stücke in Frankreich. 

Alle Erkenntnisse werden nach und nach wie ein Puzzle zusammengesetzt und helfen dabei, die entscheidenden Fragen beantworten zu können: Stehen die Möbel womöglich in Zusammenhang mit unrechtmäßigem Entzug während der Pariser Besatzung und wer sind die rechtmäßigen Eigentümer der Möbel?

Kontakt

Aus der Provenienzforschung

  • Spurensuche nach „entarteter Kunst“

    „Die Blumenfrau“ von Hans Christof Drexel: ein Beitrag aus der Provenienzforschung des Stadtmuseums Berlin.

  • Lovis Corinth: Portrait „Alfred Kerr“

    Ausgangspunkt eines jüngst abgeschlossenen und vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste (DZK) Magdeburg geförderten Forschungsprojekts war die ungeklärte Provenienz des Portraits „Alfred Kerr“ von Lovis Corinth aus dem Jahr 1907 (Inv.-nr. GEM 74/74), das sich in der Sammlung des Stadtmuseums Berlin befindet. Ein Beitrag aus der Provenienzforschung.

  • Franz Heckendorf: „Seepavillon“

    Ausgangslage bei Antragsstellung im Mai 2019 war die ungeklärte Objektgeschichte des Gemäldes Seepavillon, entstanden 1914, (Inv.Nr. GEM 88/5) von Franz Heckendorf, das 1988 vom damaligen Berlin Museum (heute Stadtmuseum Berlin) aus dem Berliner Kunsthandel erworben worden war. Ein Beitrag aus der Provenienzforschung.