Das Gemälde „Alfred Kerr“ von Lovis Corinth, 1907
© Stadtmuseum Berlin

Lovis Corinth: Portrait „Alfred Kerr“

Ausgangspunkt eines jüngst abgeschlossenen und vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste (DZK) Magdeburg geförderten Forschungsprojekts war die ungeklärte Provenienz des Portraits „Alfred Kerr“ von Lovis Corinth aus dem Jahr 1907 (Inv.-nr. GEM 74/74), das sich in der Sammlung des Stadtmuseums Berlin befindet. Ein Beitrag aus der Provenienzforschung.

Dieses Gemälde war 1956 von den Staatlichen Schauspielbühnen Berlin für das Schiller-Theater mit Mitteln der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin erworben und 1974 dem damaligen Berlin Museum übergeben worden.

Die unternommenen Recherchen von Dr. Regina Stein erbrachten Neues zur Biographie des Gemäldes.  Demnach fertigte Lovis Corinth das Portrait des damals sehr populären Theaterkritikers Alfred Kerr aus eigenen Stücken und ohne Auftrag an. Das Gemälde blieb bis zu seinem Tod (1925) in seinem Besitz. Erst danach gelangte es in den Kunsthandel, wo es der Architekt Leo Nachtlicht erwarb.

Der genaue Besitzübergang von Nachtlicht auf den nächsten Besitzer ist nicht zu bestimmen, wird aber um 1929/30 angenommen. Dieser neue Besitzer war der 1942 nach Warschau deportierte Kaufmann Robert Graetz, an den heute ein Stolperstein vor seinem ehemaligen Wohnhaus in der Erdener Sr. 13/15 (Grunewald) erinnert.

Detail der Rückseite des Gemäldes
© Stadtmuseum Berlin
Schon um 1940 – also vor der 1941 erfolgten Versteigerung der Inneneinrichtung des Graetzschen Hauses, da das Gemälde nicht Bestandteil der Auktion war – ist das Portrait mutmaßlich als Geschenk an Gertrud Kahle gegeben worden, eine Freundin von Robert Graetz.

Sie wurde ebenfalls 1942 deportiert und kam in Theresienstadt um. Wo sich das Gemälde während des Krieges befand, bleibt unbekannt.

„Ein Bild will nach Berlin“

Das Gemälde selbst bzw. die Kenntnis davon wurde erst wieder 1956 publik, als der Theaterkritiker Friedrich Luft seinen Artikel „Ein Bild will nach Berlin“ verfasste. Das Bild befand sich zu diesem Zeitpunkt in Wuppertal im Besitz einer Familie Kahle. Der Zeitungsartikel gab den Anlass für den 1956 vollzogenen Verkauf des Kerr-Portraits durch die Familie Kahle an das Schiller-Theater / Staatliche Schauspielbühnen Berlin.

Die Erben von Robert Graetz waren schon damals aktiv um die Wiedererlangung ihres Besitzes bemüht. Da im konkreten Fall des Kerr-Portraits keine Seite ihren Besitzanspruch belegen konnte, einigten sich beide Parteien 1957 auf einen Vergleich durch anteilige Aufteilung des Kaufpreises. 

Projektbericht

Vollständiger Projektbericht „Biografie des Objekts: Das Porträt ‚Alfred Kerr‘ (1907) von Lovis Corinth“ kann hier heruntergeladen werden.

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