Franz Lenk: Calla mit Fruchtschale; 1931; Öl und Eitempera auf Leinwand; 71,5 × 55 cm; Museum im Kulturspeicher, Würzburg
© 2023 VG Bild-Kunst, Bonn

Der entwirklichte Blick

In einer umfassenden Sonderschau zeigt die Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz Werke des Künstlers Franz Lenk (1898–1968). Lenk gehörte zu den herausragenden Vertreter:innen neusachlicher Malerei und einer neuen Romantik Ende der 1920er Jahre. Aus der Gemäldesammlung des Stadtmuseums Berlin stammt die Arbeit „Stillleben mit Gießkanne, Eimer und Bretterkiste“ (1927).

von Melanie Huber

Ausstellung: 29.1. – 16.4.23

Die Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz zeigt Landschaften, Stillleben und Portraits aus über 20 Sammlungen, darunter auch Werke von Franz Radziwill, Georg Schrimpf und Alexander Kanoldt aus der mit Lenk verbundenen Gruppe „Die Sieben“ sowie von Lenk und Otto Dix aus gemeinsamer Landschaftsmalerei. 

Der Katalog zur Ausstellung untersucht unter anderem die Rolle von Franz Lenk in der Zeit des Nationalsozialismus.

„Franz Lenk, der 1898 in Langenbernsdorf in Sachsen geboren wurde und 1968 in Schwäbisch Hall starb, zählt zu den herausragenden Vertretern neusachlicher Malerei und einer neuen Romantik, die Ende der 1920er-Jahre einsetzte. 1916 bezog er die Dresdner Kunstakademie und schloss sein durch den Kriegsdienst unterbrochenes Studium 1924 ab. Mit dem Umzug nach Berlin begann Lenks künstlerischer Aufstieg: Er nahm an Ausstellungen in Deutschland, den Niederlanden, Norwegen und den USA teil, zählte 1932 zu den Mitbegründern der Gruppe „Die Sieben“ und wurde 1933 als Professor für Landschaftsmalerei an die Vereinigten Staatsschulen für freie und angewandte Kunst Berlin berufen. Das Amt legte er 1939 nieder.
 
In der Zeit der Weltwirtschaftskrise trafen Lenks in altmeisterlicher Technik gemalten, stillen und naturverbundenen Bilder den Nerv der Zeit. Vor allem seine Landschaften – darunter zahlreiche Darstellungen der von ihm geliebten Bodenseelandschaft – beziehen sich auf künstlerische Vorbilder vergangener Epochen und öffnen sich weiterreichenden Deutungsspielräumen. Nach 1945 setzte der Maler seine künstlerische Arbeit ohne größere stilistische Brüche in Süddeutschland fort.

Die Ausstellung, die Bilder aus 18 öffentlichen und privaten Kollektionen versammelt, präsentiert Lenks Werk im Überblick und zeigt Portraits, Stillleben und Landschaften. Werke seiner Künstlerkollegen aus der Gruppe „Die Sieben“ – Theo Champion, Adolf Dietrich, Hasso von Hugo, Alexander Kanoldt, Franz Radziwill und Georg Schrimpf – ergänzen die Darstellung. Biographische und kunsthistorische Erkenntnisse, unter anderem zu Lenks Weltsicht und zu deren Manifestation in seiner Malerei sowie zur ambivalenten Haltung des Künstlers in den Jahren 1933 bis 1945 komplettieren das Bild eines bislang weitgehend unterschätzten Künstlers des 20. Jahrhunderts.“

Die Ausstellung ist in Kooperation mit der städtischen Galerie Dresden entstanden, dort waren die Werke 2022 zu sehen.

Franz Lenk: Stillleben mit Gießkanne, Eimer und Bretterkiste, 1927. Öl auf Sperrholz
© Stadtmuseum Berlin

Leihgabe des Stadtmuseums Berlin

In der Gemäldesammlung des Stadtmuseums Berlin befindet sich die Arbeit „Stillleben mit Gießkanne, Eimer und Bretterkiste“ (1927). Es wurde vom ehemaligen Stadtamt für Kunst und Bildungswesen Berlin übernommen.

Von 1927 bis 1938 lebte Franz Lenk in Berlin. 1936 wurde er Vorstandsmitglied der Berliner Secession. Aus Protest gegen die Diffamierung von Kolleg:innen legte Lenk 1938 sein Lehramt an den Vereinigten Staatsschulen für freie und angewandte Kunst in Charlottenburg nieder und zog nach Thüringen um. 

Über das Gemälde

 Als Bildträger benutzte der Künstler beidseitig grundiertes (Sperr-)Holz, das er mit unterschiedlichem Material bespannte. Die Gegenstände sind mit glattem, dünnen Farbauftrag sparsam und flächig wiedergegeben. Wahrscheinlich geht die Komposition auf ein Motiv aus der Dresdener Umgebung zurück, im Hintergrund ist ein Frachtschiff auf der Elbe zu sehen. Die Kistenaufschrift „DRES…!“ Und ein Exemplar der Berliner Illustrierten verweisen wie zufällig auf Lenks kurz vor der Entstehung erfolgte Übersiedlung von Dresden nach Berlin.
 
Lenk trennte streng zwischen dem monumentalen Stillleben in der Nähe und der in weite Distanz gerückten Umwelt. Die Flusslandschaft liegt weit entfernt, nur winzige Figuren sind am Ufer zu erkennen. Auf der gegenüberliegenden Seite verschwinden die Häuser im Nebel.

Transparenzhinweis:

Die Informationen über Franz Lenk und die Ausstellung sind mit freundlicher Genehmigung aus der Präsentation der Städtischen Wessenberg-Galerie Konstanz entnommen. Die Informationen über das Gemälde lieferte Annette Bossmann, Leiterin der Gemäldesammlung am Stadtmuseum Berlin.

Ausstellungsort

Ort
Städtische Wessenberg-Galerie
Wessenbergstraße 41
78462 Konstanz

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