Dora Dean wurde 1872 in Cloverport (Kentucky, USA) geboren, damals eine Stadt mit etwa 850 Einwohner:innen. Als Achtzehnjährige versuchte sie ihr Glück in der Großstadt St. Louis, wo sie sich einer Schwarzen Varietéschau anschloss. Zur Besetzung gehörte auch der zwei Jahre ältere Tanz-Autodidakt Charles Johnson, den sie 1893 heiratete.
Johnson and Dean: Ikonen des Cakewalks
Nach der Hochzeit begaben sich Dean und Johnson nach New York, wo sie als Cakewalker:innen bald auf den größten Broadway-Bühnen standen. Der Cakewalk entstammte der Afroamerikanischen Kultur der US-amerikanischen Südstaaten, wo er als Parodie auf die steifen gesellschaftlichen Normen der versklavenden Oberschicht entstanden war. Tourende Varietéprogramme verbreiteten den Tanz, der Dean und Johnson schließlich in die so genannte Hochkultur brachte. Sie waren nicht nur möglicherweise die ersten Schwarzen Darsteller:innen auf dem Broadway, sondern auch die ersten, die dort ein Stück aus der Afroamerikanischen Kulturtradition vorführten.
Die europäischen Jahre
Für die einmonatige Verpflichtung im Wintergarten-Theater in der Friedrichstraße brachten Dean und Johnson sowohl die luxuriösen Kostüme als auch die Musik und Bewegungen des Cakewalks mit. Sie selbst und der hier vorher unbekannte Tanz wurden zu einer Sensation. Das Paar bereitete den Weg für zahlreiche weitere Afroamerikanische Cakewalker:innen, die nun ebenfalls in Berlin auftraten. Bald fanden Berliner:innen den Cakewalk in Varieté-Theatern und Tanzhallen, in Zeichnungen und Werbung, in Musik und Alltag.Trotz der vielfältigen Konkurrenz blieben Dean und Johnson ein gefragtes Paar und kehrten zwischen Tourneen in andere europäische Städte immer wieder nach Berlin zurück. Insbesondere Dean gewann leidenschaftliche Fans, wie den Berliner Maler Ernst Heilemann, der sie 1901 portraitierte. Auch im Ausland reichte die Begeisterung bis in die Spitzen der Macht, wie eine Einladung von König Edward VII nach London oder ein Geschenk der rumänischen Königin Marie bezeugen.