Fritzi Massary (1882 – 1969)
© Stadtmuseum Berlin

Fritzi Massary

Aufstieg und Tragödie eines Berliner Bühnenstars: Schon als junges Mädchen träumte Fritzi Massary (1882 – 1969) davon, auf der Bühne zu stehen. Mit Fleiß, Disziplin und Zielstrebigkeit verfolgte sie ihr Ziel, wurde zum gefeierten Star und zu einer Sehenswürdigkeit Berlins. Der Nationalsozialismus zerstörte ihren Traum und trieb sie ins Exil.

Karriereziel: Sängerin

Wie viele erfolgreiche Künstlerinnen ihrer Zeit trägt Fritzi Massary nicht von Geburt an den Namen, unter dem man sie später kennt: Als Friederike Masarik erblickt sie am 21. März 1882 in Wien (Österreich) das Licht der Welt. Das älteste von vier Kindern einer jüdischen Kaufmannsfamilie wächst in bescheidenen Verhältnissen heran. Die Geschäfte des Vaters gehen schlecht, das Vermögen der Mutter ist bald aufgebraucht und die Ehe der Eltern scheitert. Die Kinder bleiben bei der Mutter.

Trotz begrenzter finanzieller Möglichkeiten erhält „Fritzi“ zunächst Klavierstunden, die sie meist schwänzt, dann auf eigenen Wunsch Gesangsunterricht. Sie hat sich in den Kopf gesetzt, Schauspielerin und Sängerin zu werden. Obwohl ihre Gesangsausbildung noch bescheiden ist, bewirbt sie sich deshalb als Chorsängerin beim Wiener Carl-Theater. Tatsächlich wird sie angenommen und geht für ein halbes Jahr auf Russland-Tournee.

Fritzi Massary als „Sünde von Berlin“, Bildpostkarte zu „Der Teufel lacht dazu“ (Victor Hollaender und Julius Freund), Jahresrevue des Metropol-Theaters Berlin, 1904
© Stadtmuseum Berlin | Reproduktion: Friedhelm Hoffmann

Aufstieg zum Publikumsliebling

Die Tournee belastet sie körperlich und seelisch, dennoch verfolgt sie ihre Karrierepläne unbeirrt weiter. Nach Auftritten in Linz und Wien versucht sie mit 18 Jahren, inzwischen unter ihrem Künstlernamen Fritzi Massary, als Soubrette in Deutschland Fuß zu fassen. Doch weder in Hamburg noch in Stuttgart will es ihr glücken. So kehrt sie nach Österreich zurück, und dort gelingt ihr der Durchbruch: 1901 erhält sie ein Engagement beim Sommertheater von „Danzers  Orpheum“ im Wiener Prater, dem Vergnügungspark der Stadt. An Stelle von Operetten steht hier leichte Unterhaltung auf dem Programm – genau das Richtige für die junge Frau, die in der neuen Berufung die ganze Kraft ihrer Persönlichkeit entfalten kann.

Nicht die stimmgewaltigste Sängerin und von ihren Anlagen eher zur Fülligkeit neigend, macht Fritzi Massary diese vermeintlichen Handicaps durch kesse Ausstrahlung, Talent zum Schauspiel und spürbare Freude am Gesang mehr als wett. Sie landet die ersten Hits und wird in kürzester Zeit zum Publikumsliebling. Mit dem verdienten Geld unterstützt sie Mutter und Geschwister, und die Männerherzen fliegen ihr zu. In kurzer Folge hat Fritzi mehrere Affären, aus der 1903 die uneheliche Tochter Elisabeth („Liesl“) resultiert. Um Geld zu verdienen, steht die begehrte Künstlerin schon bald nach der Geburt wieder auf der Bühne, noch im selben Jahr folgt eine Tournee. Dann lockt sie ein lohnendes Engagement erneut nach Deutschland.

„Die Massary“ steht für Berlin

„Die Massary“ zu sehen gehört für viele zum Pflichtprogramm eines Berlin-Besuchs, und wofür sie Werbung macht, das wird zum Verkaufsschlager. Sogar eine Zigarettenmarke wird nach ihr benannt und ihr Stil vielfach imitiert.

Während des Ersten Weltkriegs heiratet sie Max Pallenberg, der als Charakter-Komiker  an deutschen Theatern auftritt. Der äußerlich unscheinbare Mann ist für Fritzi Massary die Liebe ihres Lebens. Er adoptiert auch ihre Tochter und wird Manager der nun weltberühmten Diva, die privat ganz sie selbst geblieben ist. Ihre Gagen steigen in schwindelerregende Höhen, und vom Revuetheater bis zu den Salzburger Festspielen feiert sie Erfolg auf Erfolg – bis der braune Terror der Nationalsozialisten ihren Traum zerstört.

Am 1. September 1932 feiert die Operette „Eine Frau, die weiß, was sie will“ mit Fritzi Massary in der Hauptrolle erfolgreich Premiere. Schon nach wenigen Vorstellungen aber stören organisierte SA-Schlägertrupps die Aufführungen, brüllen „Juden raus“ und schüchtern Schauspieler:innen und Publikum ein. Schnell ist klar: In Berlin ist Massary nicht mehr sicher.
Frauen im Metropol-Theater, um 1940
© Stadtmuseum Berlin
Fritzi Massary und Max Pallenberg, Berlin, um 1925
© Stadtmuseum Berlin | Foto: unbekannt

Resignation und Rückzug

Noch im selben Jahr geht sie mit ihrem Ehemann nach Wien, wenig später in die Schweiz. Dort ereilt sie der nächste Schlag. Im Juni 1934 bricht Max Pallenberg per Flugzeug nach Prag (Tschechoslowakei) auf, doch unterwegs dorthin stürzt die Maschine bei Karlsbad (Karlovy Vary) ab und er verunglückt tödlich. Fritzi Massary, die nun nicht nur ihre Heimat, sondern auch ihre große Liebe verloren hat, verfällt in Depressionen. Ein Comeback-Versuch, den sie 1938 in England unternimmt, bleibt ein Achtungserfolg. Sie selbst hat die Hoffnung, an ihr früheres Leben anzuknüpfen zu können, aufgegeben.

Ihrer nach Übersee geflohenen Tochter gelingt es 1939 gegen zahlreiche bürokratische Widerstände, die Mutter in die USA zu holen. Dort zieht sie sich vollends ins Private zurück, widmet sich der Rosenzucht und ihren Hunden. Am 30. Januar 1969 stirbt Fritzi Massary in Beverly Hills.

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