Mario Del Curto, Eijiro Miyama, 2014, photo.
© Mario Del Curto

Mirror Mirror Mode & de Psyche

Das Dr. Guislain Museum und das Modemuseum MoMu in Antwerpen präsentieren gemeinsam die Doppelausstellung „Mirror Mirror – Mode & de Psyche“, die den Zusammenhang zwischen Mode, Psychologie, Selbstbild und Identität untersucht. Drei Arbeiten der feministischen Aktionskünstlerin Helga Goetze (1922 – 2008) aus der Sammlung des Stadtmuseums Berlin sind dort als Leihgaben zu sehen.

von Melanie Huber

Ausstellung: 8.10.22 – 26.2.23

Kleidung und Stil entstehen nicht nur in den Köpfen bekannter Modedesigner:innen, sondern können auch in der Abgeschiedenheit eines Wohnzimmers oder sogar in einer psychiatrischen Klinik entstehen. Kleidungsstücke können eine Botschaft aussenden oder die Erfüllung tiefer Sehnsüchte sein und in einen Dialog mit der Modewelt treten. Das Dr. Guislain Museum bringt außergewöhnliche Künstler:innen zusammen, die sich mit Textilien einen Platz in der Welt verschaffen. Ihre Kreationen können der Welt verborgen bleiben oder nur wenigen offenbart werden, aber sie können auch mit Stolz auf dem Laufsteg oder auf der Straße getragen werden.

Helga Goetze während einer ihrer Mahnwachen an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, 1996.
© Johannes Hinkelammert
1996 an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche war die Künstlerin Helga Goetze mit der Performance „Ficken für Frieden!“ zu sehen. Begonnen hat sie ihre Kunstaktion am Ernst-Reuter-Platz vor der Technischen Universität Berlin. Mit ihren provokanten Stickbildern kam sie mit Passant:innen ins Gespräch. Die damals 74-Jährige wurde mit ihrer Kunst stadtbekannt. Auch, weil sie eine mutige Streiterin für den Feminismus war.

Die erste Hälfte ihres Lebens verbrachte die in Magdeburg Geborene als Hausfrau und Mutter. Ihrer Passion zu sticken, ging sie schon damals nach. Sie schuf Bilder ihrer bürgerlichen, aber patriarchalisch bestimmten Welt. Aus dieser brach sie mit 47 Jahren aus. Als Erwachen bezeichnete Goetze ihre außerehelichen sexuellen Erfahrungen mit einem jüngeren Mann. Die gesellschaftliche Festlegung auf Geschlechterrollen stellte sie in Frage und hielt ihre kritischen Beobachtungen in gestickten Bildern fest. 1983 zog sie nach West-Berlin, wo das Anderssein und Andersdenken zur Lebensphilosophie gehörte. 

Leihgaben des Stadtmuseums Berlin

Seit 2020 befindet sich ihr Nachlass mit 280 Stickbildern und 300 Grafiken im Bestand des Stadtmuseum Berlin.
Drei Arbeiten aus dem Nachlass werden in der Ausstellung in Gent zu sehen sein. Dazu gehören zwei bestickte Westen und ein Stickbild. 
Helga Goetze: Stickbild, o.J.
© Stadtmuseum Berlin
Eine 1988 gestickte Weste von Helga Goetze mit Darstellungen eines Paares in dörflicher Szene vorn, rückseitig Vater-Sophia-Sohn als Dreifaltigkeitsdarstellung
© Stadtmuseum Berlin

Mitarbeit Beitrag (Transparenzhinweis):

Die Informationen zur Ausstellung sind mit freundlicher Genehmigung aus der Präsentation des Museums Dr. Guislain entnommen. Die Informationen über Helga Goetze stammen von Dr. Martina Weinland, Beauftragte für kulturelles Erbe am Stadtmuseum Berlin.

Ausstellungsort

Ort
Museum Dr. Guislain
Jozef Guislainstraat 43
B-9000 Gent

Helga Goetze bei einer Performanz vor der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, aus der 13-teiligen Fotoserie von Thomas Marx über die Künstlerin, 1985/1986
© Stadtmuseum Berlin | Foto: Thomas Marx

Helga Goetze

Viele Berliner:innen erinnern sich noch heute an ihre provokativen Aktionen vor der Berliner Gedächtniskirche oder der TU Berlin: Helga Goetze (1922-2008) war Künstlerin, Schriftstellerin, Dichterin und politische Aktivistin. Ihr Lebensweg ist genauso vielfältig wie ihre Praxis und außerdem: von einem Dualismus geprägt. Eine Hausfrau, die erst spät zu sich selbst und zur Kunst fand und sich dennoch nie selbst als Künstlerin bezeichnete.

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