Dekoloniale Berlin Residents

Künstler*innen bei „Dekoloniale – was bleibt?!“

Im Mai 2024 hat eine Jury fünf Künstler*innen ausgewählt, die im Rahmen der gemeinsamen dezentralen Ausstellung „Dekoloniale – was bleibt?!“ von Dekoloniale Erinnerungskultur in der Stadt und dem Stadtmuseum Berlin anlass- und ortsspezifische künstlerische Arbeiten entwickelt haben.

Tonderai Koschke (DE/ZWE), Charlotte Ming (CN/DE), Percy Nii Nortey (GH), Yangkun Shi (CN) und Theresa Weber (DE) präsentieren ihre Arbeiten im Museum Nikolaikirche und intervenieren an drei weiteren Orten in Berlin unter dem Titel „Koloniale Gespenster – Widerständige Geister: Kirche, Kolonialismus und darüber hinaus“.

Die Kunstwerke sind im Museum Nikolaikirche zu sehen sowie im Projektraum der Dekoloniale in der Wilhelmstraße 92, im „Afrikanischen Viertel“ in Berlin-Wedding und an der U-Bahn-Station „Afrikanische Straße“.

Tonderai Koschke

Tonderai Koschke
© Andrea Avezzù-Courtesy of La Biennale di Venezia
Tonderai Koschke, M.A. Architektur, ist Dozentin an der Kunsthochschule Weißensee und der Universität der Künste Berlin. Ihr Forschungs- und Lehrschwerpunkt liegt auf postkolonialen Identitäten und Machtdynamiken in der gebauten Umwelt. Nach ihrem Studium an der TU München, der EPFL Lausanne und Harvard, sammelte sie berufliche Erfahrungen beim Verlag Architangle, bei Boltshauser Architekten und am Architekturmuseum in München. Als Mitbegründerin von dem panafrikanischem Kollektiv Isusu Ffena organisiert sie Veranstaltungen und ein Community-Festival.

Die Arbeiten von Tonderai Koschke entstehen durch Wissenstransfer von der Forschung in die Praxis. Inspiriert von den materiellen Kulturen und dem architektonischen Erbe Simbabwes, wo sie aufgewachsen ist, erforscht sie durch Kolonialismus unterbrochene Traditionen. Sie untersuchte die historische und spirituelle Bedeutung der monumentalen Steinstadtruine Great Zimbabwe und die Geschichte des Steinbaus im südlichen Subsahara-Afrika. Das Lernen über die komplexe Vergangenheit betrachtet sie als Ausgangspunkt für das Erträumen einer alternativen Gegenwart und einer dekolonialen Zukunft.

Percy Nii Nortey


Percy Nii Nortey ist ein multidisziplinärer Künstler, der in Kumasi, Ghana, geboren wurde und dort arbeitet. Seine Praxis erkundet Materialität, Identität, Arbeit und Erinnerung, wobei sie die Grenzen zwischen performativen Objekten, Malerei, Klanginstallationen, bewegten Skulpturen und Videoinstallationen verwischt. Seine Arbeit wurzelt tief in seiner persönlichen Geschichte sowie in den ökologischen und wirtschaftlichen Bedingungen Ghanas und zielt darauf ab, das Bewusstsein zu dekolonisieren und schwarze Gemeinschaften zu ermächtigen, die Hoheit über ihre Narrative und Identitäten wiederzuerlangen.
Percy Nii Nortey
© Ana Mendes


Die Grundlage von Percy Nii Norteys künstlerischer Praxis ist die Zusammenarbeit mit ghanaischen Proletarier*innen, darunter Automechaniker, Holzkohleverkäufer*innen und Marktfrauen. Er verwendet die von ihrer täglichen Arbeit befleckten Stoffe, um ihre Arbeit und ihr Sein zu veranschaulichen. Indem er den Stoff an die Arbeitenden verteilt und später die mit Öl, Benzin und Schmutz befleckten Stoffe wieder einsammelt, verwandelt er diese mit persönlichen Geschichten aufgeladenen Materialien in Proxys für ein kollektives Erinnern. Norteys Ansatz bezieht die lokale Gemeinschaft aktiv mit ein, schafft Verbindungen und modelliert so die öffentliche Wahrnehmung, um den gesellschaftlichen Stellenwert dieser Arbeit aufzuzeigen und so zur Entkolonialisierung der Köpfe beizutragen.

Theresa Weber

Theresa Weber
© Heinrich Holtgreve

Theresa Weber arbeitet derzeit in Deutschland, nachdem sie 2021 ihr Studium an der Kunstakademie Düsseldorf mit Meisterschüler von Ellen Gallagher, und 2023 einen MA am Royal College of Art in London abschloss. Weber gewann mehrere Preise und Stipendien und war 2022 Teil der New Contemporaries UK. Ihre erste institutionelle Einzelausstellung fand 2021 statt, gefolgt von mehreren internationalen Ausstellungen, ihrer ersten Kommission im Somerset House London 2023, sowie einer Einzelausstellung bei ChertLüdde Berlin, und einer Museums-Einzelausstellung im Kunstmuseum Bochum im Jahr 2024.

Mit multimedialen Installationen, Skulpturen, Bildern und kollaborativen Performances stellt Theresa Weber bestehende Machthierarchien und Kategorisierungen in Frage. Basierend auf ortsspezifischer historischer Recherche und antiken Mythologien entwickelt sie Collagen aus kulturell aufgeladenen Materialien. Ihre Perspektive als in Deutschland geborene Künstlerin mit Jamaikanischem, Deutschem und Griechischem Hintergrund beeinflusst ihren künstlerischen Ansatz. Sie veranschaulicht den ständigen Wandel innerhalb diasporischer Traditionen und bezieht sich dabei vor allem auf karibische Diskurse.

Yangkun Shi und Charlotte Ming

Shi Yangkun ist ein Fotograf und bildender Künstler aus Shanghai, der in seinen Arbeiten verborgene Geschichten und die ihnen zugrunde liegenden Traumata und Gewalt visualisiert. Seine Arbeiten wurden unter anderem im Peabody Essex Museum und im Shanghai Center of Photography ausgestellt. Charlotte Ming ist eine in Berlin lebende Journalistin, Autorin, visuelle Redakteurin, die sich mit den Themen Kultur, Geschichte und Migration befasst. In ihrer Langzeitforschung, die das Historische mit dem Persönlichen verbindet, untersucht sie die Erinnerungskulturen rund um die deutsche Kolonialvergangenheit in China, insbesondere in ihrer Heimatstadt Qingdao.
Charlotte Ming und Yangkun Shi
© Dekoloniale

Die gemeinschaftliche Arbeit von Charlotte Ming und Yangkun Shi beleuchtet die verborgene Geschichte des deutschen Kolonialismus in China durch einen interdisziplinären Ansatz, der Fotografie, Video, Schrift, Archivbilder und die Erforschung von Esskultur kombiniert. Ihre Arbeit zeichnet die Hinterlassenschaften dieser Geschichte in urbanen Landschaften von Qingdao bis Berlin nach und legt die vergessene Vergangenheit und zugrunde liegende Gewalt offen. Durch die Verflechtung persönlicher und historischer Erzählungen hinterfragen sie den kolonialen Blick und richten ihn neu aus, um zeitgenössische Migrationserfahrungen zu reflektieren.

Dekoloniale – was bleibt?!