„BOEM! Paul van Ostaijen in Berlin“ ab 14. Oktober im Museum Ephraim-Palais

   
Das Museum Ephraim-Palais
© Stadtmuseum Berlin | Foto: Alexander Rentsch

Die Ausstellung BOEM! Paul van Ostaijen in Berlin stellt den hierzulande wenig bekannten flämischen Künstler Paul van Ostaijen (1896–1928) vor, der während der Revolutionswirren nach dem Ersten Weltkrieg von 1918 bis 1921 Zuflucht in Berlin fand.

In acht Räumen auf rund 350 Quadratmetern würdigt BOEM! Paul van Ostaijen in Berlin erstmals den Künstler und sein Werk in einer Ausstellung an der Stätte seines Exils. Schwerpunkt ist sein Wirken in Berlin, sein Verhältnis zur Stadt und ihre Bedeutung für sein Werk. Anhand von Fotografien, Gemälden, Aquarellen, Grafiken und Texten stellt der erste Teil der Ausstellung die künstlerisch-politische Entwicklung des Dichters seit seiner Zeit in Antwerpen vor sowie seine künstlerischen Begegnungen und Ambitionen. Im zweiten Teil werden die drei großen literarischen Werke präsentiert, die van Ostaijen in Berlin geschrieben hat. Zu sehen sind Original-Handschriften, Audio-Video-Animationen und weitere Annäherungen an einzelne Auszüge aus den Werken. Im letzten Teil stellt die Ausstellung mit zeitgenössischen künstlerischen Arbeiten den Bezug zur Gegenwart her.

Paul van Ostaijen und seine Freundin Emma Clement kamen im Oktober 1918 in Berlin an, kurz vor dem Ausbruch der Revolution in Berlin. Der junge Dichter war überzeugt, dass die moderne Kunst eine Rolle in einer gesellschaftlichen Erneuerungsbewegung spielen sollte. Sein Ziel war ein soziales – oder sozialistisches – friedliches Europa. Jedoch kehrte er 1921 enttäuscht nach Belgien zurück: Die sozialistische Revolution in Berlin war gescheitert, und die Berliner Künstler:innenszene war in seinen Augen zu wenig radikal.

Zugleich aber inspirierte die Stadt Paul van Ostaijen dazu, seine Dichtung fundamental weiterzuentwickeln. Beeinflusst vom Dadaismus verfasste er hier unter anderem den Gedichtband Bezette Stad (Besetzte Stadt). Hierin thematisiert van Ostaijen seine Erfahrungen im von der deutschen Armee im Ersten Weltkrieg besetzten Antwerpen. Der niederländische Ausstellungstitel BOEM! (ausgesprochen: BUMM!) ist einem seiner bekanntesten Gedichte entlehnt. Sprache, Inhalt und Typografie fügen sich zu einem Gesamtkunstwerk, das an Film und Musik erinnert. Bezette Stad und seine rhythmische Typografie sind Meilensteine der niederländischsprachigen Dichtung.

Nach rund 100 Jahren kehren nun die Arbeiten des in Berlin fast vergessenen Dichters hierher zurück. Die Ausstellung würdigt Paul van Ostaijen und sein Werk. Sie zeigt die Perspektive eines radikalen Künstlers auf die revolutionären Ereignisse und auf die künstlerischen Entwicklungen in Berlin von Ende 1918 bis Anfang 1921. Positionen gegenwärtiger Künstler:innen verdeutlichen die Aktualität seiner Themen: Krieg, Aufbruch, Krise und Enttäuschung sowie die Vision von einer freien, sozialen Welt.

Die Ausstellung ist eine Zusammenarbeit zwischen der Stiftung Stadtmuseum Berlin, dem Letterenhuis Antwerpen, der Flämischen Regierung und der flämisch-niederländischen Kulturorganisation Vlaams-Nederlands Huis deBuren. Sie ist eine Adaption und Ergänzung der im Sommer 2021 im Letterenhuis Antwerpen gezeigten Schau Boem Paukeslag. Bezette Stad 100! Wissenschaftlich begleitet wurde die Ausstellung von Matthijs de Ridder, Autor und Biograf von Paul van Ostaijen.

Fritz Stuckenberg, Das Liebespaar, 1919/20
© Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg
Besucherin in BOEM!
(c) Stadtmuseum Berlin, Foto Alexander Rentsch
Das Museum Ephraim-Palais
© Stadtmuseum Berlin | Foto: Alexander Rentsch
Lyonel Feininger, Gasometer in Berlin-Schöneberg, 1912
© Stiftung Stadtmuseum Berlin
Oscar Jespers, Illustration für die Titelseite des Gedichts Verlaten forten (Verlassene Festungen) in Bezette Stad (Besetzte Stadt), 1920/21
© FIBAC Antwerpen
BOEM! Raumansicht
(c) Stadtmuseum Berlin, Foto Alexander Rentsch