Planungen für die nächsten fünf Jahre am Stadtmuseum Berlin präsentiert
Masterplan 2025
Klaus Lederer, Kultursenator des Landes Berlin, und Paul Spies, Direktor des Stadtmuseums Berlin, präsentieren die Planungen für die nächsten fünf Jahre am Stadtmuseum Berlin
Bis 2025 werden zukunftsweisende Konzepte und Planungen für das Stadtmuseum Berlin weiter ausgebaut und vertieft. Zentrale Themen sind die Entwicklung eines Museums- und Kreativquartiers am Köllnischen Park mit der Sanierung des Märkischen Museums sowie dem Ausbau und der Herrichtung des Marinehauses. Hinzu kommen die Wiedereröffnung der Museen Knoblauchhaus und Ephraim-Palais sowie die Etablierung des Kunstherbstes im Museum Nikolaikirche. Die Fortschreibung der konzeptuellen und baulichen Neuaufstellung im Museumsdorf Düppel sowie die programmatische Weiterentwicklung von BERLIN GLOBAL, der Berlin Ausstellung im Humboldt Forum, runden den Masterplan ab. Provenienzforschung, Dekolonisierung, Partizipation, Diversität, Inklusion und Digitalisierung ziehen sich als Querschnittsthemen durch alle Konzepte und Bereiche inklusive der Sammlungen des Stadtmuseums Berlin.
Die Welt ist in einem rasanten Wandel: Die Corona-Pandemie hat etablierte Konzepte und Denkmodelle auf den Kopf gestellt, die Klimakrise ist nicht mehr wegzureden und populistische und antidemokratische Strömungen sind Teil der Debatten. Diesen und anderen aktuellen Themen widmet sich das Stadtmuseum Berlin in der eigenen Stadt und lenkt den Blick auf die Vernetzung mit der Welt.
Klaus Lederer, Kultursenator des Landes Berlin:
„Seit mehr als fünf Jahren steuern Paul Spies und sein Team äußerst erfolgreich das Stadtmuseum Berlin mit seinen vielen Standorten. Der heute vorgestellte Masterplan 2025 ändert an der grundsätzlichen Zielrichtung nichts, vertieft und baut Bestehendes jedoch aus, entwickelt weiter und öffnet sich für neue Themen. Dabei sind die aktuellen Entwicklungen in der Welt, ihre Auswirkungen auf die Stadt, immer im Fokus, werden eingebunden in einen Austausch zwischen Macher:innen und Besucher:innen. So geht Museum heute.“
Paul Spies, Direktor Stadtmuseum Berlin:
„In den vergangenen fünf Jahren habe ich Berlin in seiner Vielschichtigkeit und seinen Unterschieden kennen- und schätzen gelernt. Diese Erfahrungen sind auch in meine Arbeit und die meines Teams eingeflossen. Als Stadtmuseum wollen wir die Vielseitigkeit der Stadt aufgreifen und eine stärkere Einbindung von Stadt-Communities erreichen. Wir regen dies bereits in BERLIN GLOBAL im Humboldt Forum an und ich freue mich sehr auf die Neuentwicklung des Museums- und Kreativquartiers am Köllnischen Park. Dabei sollen die Fragen der Gegenwart unser Tun lenken. Wir laden alle ein, sich aktiv an den Diskursen zu beteiligen.“
Berlingeschichte und -entwicklung an sechs Standorten, der Sammlung, in der Stadt und digital
Mit Eröffnung der Berlin Ausstellung im Humboldt Forum BERLIN GLOBAL hat das Stadtmuseum Berlin 2021 seinen sechsten Standort dazugewonnen. Daneben zählen Märkisches Museum, Museum Ephraim-Palais, Museum Nikolaikirche, Museum Knoblauchhaus und das Museumsdorf Düppel zum Verbund. Der siebte Standort – das dem Märkischen Museum gegenüberliegende Marinehaus – ist in Planung und Entwicklung: Die Eröffnung ist einer der Meilensteine für das Stadtmuseum Berlin voraussichtlich im Jahr 2025/2026. Zusammen mit dem sanierten Märkischen Museum wird damit der Grundstein für ein neues Museums- und Kreativquartier am Köllnischen Park gelegt. Zugleich werden die digitalen Angebote ausgebaut, die Zugänge zum Museum mit hybriden Angeboten erweitert und weitere Möglichkeiten zur Teilhabe geschaffen.
Für und mit der Stadtgesellschaft: innovative, besucher:innenorientierte und inklusive Angebote
Im Zentrum der Projekte steht die Stadt in all ihrer Vielstimmigkeit. Ihre diversen Gruppen sollen einbezogen werden, um multiperspektivisch Geschichte(n) zu entdecken, erzählen und auf ganz unterschiedliche Weise erlebbar zu machen. Das Stadtmuseum Berlin möchte ein vielfältiges und gesellschaftsorientiertes Angebot schaffen, das gemeinsam mit verschiedenen Partner:innen wirkungsvoll und nachhaltig gestaltet wird. Auch sollen bewusst Menschen einbezogen werden, die in ihrem Alltag Unterstützung benötigen, wie beispielsweise aktuell auf den „Freiflächen“ von BERLIN GLOBAL. Hier werden einzelne Bereiche im regelmäßigen Wechsel an unterschiedliche Communities zur eigenen Gestaltung abgegeben. Der partizipative Ansatz soll sich dabei nicht allein auf Projekte an den inzwischen sechs Standorten des Stadtmuseums Berlin beziehen, sondern auch auf den Stadtraum selbst, wie beispielsweise derzeit mit der mobilen Ausstellung „Easy Rider Road Show“. Die Relevanz für Gegenwartsfragen bildet die Basis für alle Projekte.
BERLIN GLOBAL im Humboldt Forum
BERLIN GLOBAL erweitert seit Juli 2021 den Wirkungskreis des Stadtmuseums Berlin auch auf die Berliner Museumsinsel. Die Ausstellung beschreitet neue Wege bei der Besucher:innen-Ansprache. Konzipiert als interaktive Erlebnisausstellung, die einen niedrigschwelligen Zugang zu ausgewählten, in ihrer Kombination charakteristischen Themen der jüngeren Geschichte Berlins und seiner Vernetzung mit der Welt bietet, laden die Ausstellungsthemen mit ihren tieferen Ebenen zu mehrmaligen Besuchen ein. Querschnittsthemen wie Kolonialismus, Postmigrantische Gesellschaft, Urban Art oder partizipative Ansätze mit Communities der Stadt durchdringen die gesamte Ausstellung. Ihr Ansatz bezieht insbesondere auch ein junges sowie internationales Publikum ein. BERLIN GLOBAL soll sich als gelebter Ort mit gemeinsamen Besuchen und Diskussionen, diversen Ausstellungs- und Kulturprogrammen und niedrigschwelligen bis tiefgehenden Formaten partizipativer und künstlerischer Veranstaltungen etablieren und – auch digital – weiterentwickeln.
Märkisches Museum
Am 12. November 2021 eröffnet im Märkischen Museum die „Easy Rider Road Show“ (Volume 2) – eine Sonderausstellung in Kooperation mit musuku – dem Museum für Subkulturen. Der erste Teil (Volume 1) ist derzeit als mobile Ausstellung im Berliner Stadtraum zu erleben. Die „Easy Rider Road Show“ greift den Diskurs zur Mobilität am Beispiel des Fahrrads auf und stellt zugleich das Radfahren in den Kontext von subkulturellen Kunst- und Jugendbewegungen. Arbeiten verschiedener internationaler Fotokünstler:innen sind aktuell auf Berlins Straßen zu erleben.Ab 2023 wird das denkmalgeschützte Märkische Museum bis zur geplanten Wiedereröffnung 2025/2026 geschlossen: Das Gebäude wird in Abstimmung mit der Denkmalpflege, mit der Bauherrin Berliner Immobilien Management GmbH (BIM) und dem Büro Rüthnick Architekten saniert, modernisiert und dabei mit einem neuen, ebenerdigen Eingangsbereich und einer bis in den Turm über acht Geschosse reichenden Zugänglichkeit barrierefrei erschlossen. Auch technisch wird das Märkische Museum für die Anforderungen an den Museumsbetrieb der Zukunft ausgestattet sein. Der markante Turm wird als Ausstellungsbereich erschlossen. Durch seine Mischung aus medienkünstlerischer Gestaltung und realer Stadtaussicht wird der Turm das Gesamterlebnis bereichern und sich zu einem Must-See für Berlin etablieren. Im Gegensatz zu BERLIN GLOBAL wird das Märkische Museum verstärkt mit Objekten kommunizieren und auf innovative Weise die chronologische Stadtgeschichte darstellen.
Marinehaus
Die Planungen zum Ausbau des Marinehauses schreiten stetig voran. In enger Abstimmung mit der Bauherrin BIM und dem Architekturbüro ADEPT aus Kopenhagen steht das Projekt aktuell kurz vor der Phase des Baubeginns. Parallel werden Konzepte für die Nutzung erarbeitet. Die Aspekte Öffnung, Partizipation, Kooperation und Inklusion sind von Beginn an essentiell für die räumliche, inhaltliche und programmatische Entwicklung. Gemeinsam mit dem benachbarten Märkischen Museum wird das Marinehaus ein wichtiger Bestandteil des neuen Museums- und Kreativquartiers am Köllnischen Park werden. Es soll ein offenes, diskursives, gegenwarts- und zukunftsorientiertes Haus entstehen, in dem spartenübergreifend und experimentierfreudig Berlin und seine (zukünftigen) Entwicklungen thematisiert werden: In Werkstätten, Arbeitsräumen und Studios, Probe- und Veranstaltungsräumen sowie auf offenen Präsentationsflächen. Die Eröffnung ist in Abhängigkeit der Fertigstellung für 2025/2026 geplant.
Museum Ephraim-Palais
Das Ephraim-Palais wird im Frühjahr 2022 nach umfangreichen Sanierungsmaßnahmen wiedereröffnet. Für die Phase der Schließzeit des Märkischen Museums wird es in einer Neuauflage die Ausstellung „BerlinZEIT“, die pointierte chronologische Einführung in die Berliner Geschichte, beherbergen. Geplant ist zudem, dass 2022 eine Ausstellung über das im Berliner Exil geschriebene Werk „Die besetzte Stadt“ des belgischen Künstlers Paul van Ostaijen unter anderem die Aspekte Kunst und Freiheit und die Bedeutung von Berlin als Fluchtort thematisiert.
Museum Nikolaikirche
Nach mehreren Ausstellungen zur Kunst der Gegenwart wie z.B. „Features – 10 Sichten auf Berlin“ oder LOST WORDS von Chiharu Shiota ist derzeit im Museum Nikolaikirche das Projekt KUNSTRAUM KRAUT in der historischen Kraut-Kapelle zu sehen. Zeitgenössische Künstler:innen wurden eingeladen, sich der Auferstehungs-lkonographie in Interaktion mit dem barocken Raum- und Bildprogramm der Kraut-Kapelle zu nähern. Zusammen mit der Schindler-Kapelle gehören die barocken Grabkapellen zu den herausragenden Begräbniskunstwerken der Nikolaikirche und wurden erst im Mai 2021 nach langjährigen Sanierungen wiedereröffnet. Im Rahmen des Kunstherbstes wird 2022 eine Ausstellung gezeigt, die Einblicke in die Situation von bildenden Künstler:innen aus Ost-Berlin in der Umbruchzeit kurz nach 1989 gibt. Die Ausstellung in Zusammenarbeit mit der Stiftung Kunstforum der Berliner Volksbank zeigt Werke aus der Sammlung des Stadtmuseums sowie Arbeiten aus der Artothek der Sozialen Künstlerförderung/LAGeSo.
Museum Knoblauchhaus
Das Museum Knoblauchhaus wird sich weiterhin der Berliner Salonkultur des 19. Jahrhunderts widmen. Die für 2020 geplante Eröffnung des „Berliner Salon“ konnte aufgrund der Corona-Pandemie und der Hygienebestimmungen bislang nicht realisiert werden. Der Ausstellungsbereich befasst sich mit Karl Friedrich Schinkel und den Brüdern Alexander und Wilhelm von Humboldt. Damit baut das historische Knoblauchhaus mit der Ausstellung eine Brücke zum nahegelegenen Humboldt Forum. Schinkels Produktdesign, die Forschungsreisen von Alexander von Humboldt und die Sprachstudien seines Bruders Wilhelm sind Beispiele für die Vernetzung in der Wissens- und Kulturlandschaft im sich rasant entwickelnden Berlin zu Beginn des 19. Jahrhunderts.
Museumsdorf Düppel
Mit dem Museumsdorf Düppel betreibt das Stadtmuseum Berlin einen unverwechselbaren Standort mit großem Zukunftspotential. Mittelfristig soll das historische Erbe des Freilichtmuseums sichtbarer gemacht und in einen gegenwartsbezogenen und zukunftsweisenden Kontext gesetzt werden. Das Museumsdorf wird dabei als wissenschaftlicher Sammlungsort und Freilichtlabor für immaterielles Erbe sowie als Begegnungsstätte ausgebaut. Themen wie Biodiversität, Nachhaltigkeit beim Bauen oder im Handwerk werden mit wissenschaftlichem Anspruch, dabei aber publikumsnah und partizipativ erarbeitet und vermittelt: Aktuell entwickelt das Museumsdorf Düppel im EU-Projekt „RETOLD“ gemeinsam mit fünf weiteren Freilichtmuseen und universitären Einrichtungen in Europa bis 2024 eine Strategie, kulturelles Erbe zu dokumentieren, zu digitalisieren und einem breiten Publikum zugänglich zu machen.
Dekolonialisierung und Neuorganisation der Sammlungen
Das Stadtmuseum Berlin hat sich als langfristige Aufgabe gesetzt, die historische Rolle Berlins als Kolonialmetropole zu untersuchen und im Bewusstsein zu verankern. Unter diesem Gesichtspunkt sollen die Geschichte und die Sammlungsbestände des Stadtmuseums Berlin erforscht und neu bewertet werden. Die dafür geschaffenen Stellen ermöglichen es, zukünftig auch andere Institutionen bei der Erforschung und Umsetzung vergleichbarer Projekte zu unterstützen. Das Stadtmuseum Berlin ist Teil des Kooperationsprojekts „DEKOLONIALE – Erinnerungskultur in der Stadt“, gemeinsam mit Postkolonial e.V., Each One Teach One – EOTO e.V. sowie der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland – ISD-Bund e.V. Im Zuge der Neuorganisation wurden die Sammlungen in folgende Themenbereiche gegliedert: Alltag und Kultur, Stadtbild, Politik und Wissenschaft.
Digitale Angebote
Die digitalen Angebote des Stadtmuseums Berlin werden in den nächsten Jahren verstärkt ausgebaut und haben das Potential, neue Zielgruppen für die diversen, stadtgeschichtlichen Inhalte und Themen zu gewinnen, aber auch Beteiligung zu ermöglichen. Beispiele sind u.a. der Sammlungs-Aufruf „Berlin jetzt!“ zum Berliner Alltag, der im ersten Corona-Lockdown entstand und mit erweiterter Perspektive nun fortgeführt wird. Sowie diverse 3D-Rundgänge durch verschiedene Ausstellungen wie das Atelier von Jeanne Mammen oder die Ausstellung „Chaos & Aufbruch“. Zudem wurden digitale Führungen unter anderem in Deutscher Gebärdensprache entwickelt. Aktuell werden diskursive Formate zu Themen rund um BERLIN GLOBAL über Livestreams angeboten.