Handel, Gewerbe und Fischerei waren die Themen in diesem Raum.
© Stadtmuseum Berlin | Foto: Ernst von Brauchitsch

Das Märkische Museum im Jahr 1908: Eine Berliner Geschichte

von Melanie Huber
Hier ist die Nordwand der Großen Halle im Märkischen Museum mit einer Glocke in der Mitte des Raumes zu sehen. Die Glocke entstand zwischen 1883 und 1908 und wurde vermutlich extra für das Museum gegossen.
© Stadtmuseum Berlin | Foto: Ernst von Brauchitsch

Eine ganz besondere Dokumentation

Er war einer der bekanntesten Berliner Architekturfotografen seiner Zeit: Ernst von Brauchitsch (1856 – 1932). Unter dem Titel „Neubauten der Stadt Berlin“ dokumentierte der Fotograf zwischen 1902 und 1912 in elf Mappen Bauten des Architekten und Berliner Stadtbaurats Ludwig Hoffmann (1852 – 1932). Dazu gehörte auch das Märkische Museum. 1908 wurde es am Köllnischen Park eröffnet.

Warum erfolgte die Eröffnung erst vier Jahre später?

Ludwig Hoffmann war nicht nur der Architekt, sondern auch der Kurator der Eröffnungspräsentation. Vier Jahre brauchte er, um alle Objekte für seine atmosphärischen Inszenierungen „ins rechte Licht“ zu rücken. Und es kam noch zu Änderungen: So hatte die Waffenhalle ursprünglich eine blutrote Fensterverglasung. Die Inszenierung war dann wohl doch zu heftig, so dass Hoffmann das Glas austauschen ließ.

Vorbilder für den Bau waren das 1853 eröffnete Germanische Nationalmuseum Nürnberg und das 1898 eröffnete Landesmuseum Zürich. Vom Landesmuseum Zürich übernahm Ludwig Hoffmann die Idee der „Stil- und Epochenräume“.

Das „Fontanezimmer“ im Märkischen Museum, 1908
© Stadtmuseum Berlin | Foto: Ernst von Brauchitsch
Durch die unterschiedlichen Inszenierungen der Räume sollten historische Epochen und Situationen dem Publikum nahegebracht und erlebbar gemacht werden. So hat Hoffmann das Erdgeschoss mit niedrigen Gewölben und grob verputzten Wänden versehen. Hier war die prähistorische Abteilung untergebracht. In einem hellen Saal wurde Rokoko-Porzellan gezeigt. Heute befindet sich hier der Borsig-Raum, in dem die Geschichte der Lokomotive erzählt wird. Im „Fontanezimmer“ befand sich das originale Arbeitszimmer des Schriftstellers Theodor Fontane. Insgesamt konnte man 48 Schauräume besichtigen.

Eine Kapelle im Museum

Die Konstruktion und das Kreuzrippengewölbe der „Gotischen Kapelle“ sind der um 1300 erbauten Heilig-Geist-Kapelle (heute Spandauer Straße) nachempfunden. Noch während des Museumsbaus hatte es 1904 Überlegungen gegeben, die Kapelle wegen einer geplanten Straßenverbreitung abzureißen. Hoffmann hatte darauf aktuell reagiert, in dem er den Raum als Rekonstruktion im Museum und damit im Gedächtnis der Stadt architektonisch zu konservieren suchte.
Im 2. Obergeschoss befand sich 1908 die „Kapelle“ mit imposantem Kreuzrippengewölbe und allerhand religiösen Artefakten, unter anderem einem Ziborium (Hostienkelch) und einem Taufbecken, aus der frühen Geschichte der Stadt Berlin.
© Stadtmuseum Berlin | Foto: Ernst von Brauchitsch

Eigenwillige Architektur

In den ersten Jahrzehnten erfreute sich das Märkische Museum großer Beliebtheit. 1925 wurde der Kunsthistoriker Walter Stengel (1882 – 1960) zum Direktor berufen, und ließ unter anderem elektrisches Licht in den Schauräumen installieren. Höhepunkt der Beliebtheit war 1928 die Veranstaltung zum 70. Geburtstag des Zeichners Heinrich Zille – und damit ein Jahr vor seinem Tod.

Ebenso wie die Alte Nationalgalerie und die übrigen Museen auf der Museumsinsel wurde das Märkische Museum unmittelbar mit dem Überfall auf Polen am 1. September 1939 geschlossen. Dennoch wuchs die Sammlung durch Ankäufe aus jüdischen Zwangsabgaben, die heute durch die Provenienzforschung am Stadtmuseum Berlin aufgearbeitet werden.

Weitere Fotos

Die gesamte Fotodokumentation von Ernst von Brauchitsch finden Sie in unserer Sammlung Online.

Berlin entdecken

Das Märkische Museum nach 1945

Nach sechs Jahren Krieg öffnete am 12. Juli 1946 das im Zweiten Weltkrieg geschlossene Märkische Museum wieder seine Tore für die Menschen aus der von Tod und Zerstörung gezeichneten Stadt.

Die alte Waisenbrücke

Ab Januar 1960 ließ die Ost-Berliner Stadtverwaltung die Waisenbrücke abreißen. Mit dem geschichtsreichen Bauwerk verschwand ein Flussübergang, der die Ufer der Spree jahrhundertelang verbunden hatte.

Das Ephraim-Palais

An einer Hauptverkehrsstraße im Zentrum Berlins gelegen, vermittelt das historische Ephraim-Palais den Eindruck von Beständigkeit in einem Meer der Veränderung. Doch der Schein trügt.

Aus meiner Sicht: Lutz | Märkisches Museum

Lutz Pepping zeigt uns die Wilsnacker Glocke in der Großen Halle des Märkischen Museums. Er ist freier Kunst- und Kulturvermittler und arbeitet unter anderem für das Stadtmuseum Berlin.

Der lange Weg der Fontane-Manuskripte

Immer wieder taucht seit Ende des Zweiten Weltkrieges verschollenes Museumsgut auf. Auch wertvolle Manuskripte von Theodor Fontane (1819 – 1898), die sich seit 1902 im Besitz des Märkischen Museums befanden, sind erst nach Irrungen und Wirrungen ins Museum zurückgekehrt.

Heinrich Zille

Heinrich Zille, in Berlin auch „Pinselheinrich“ genannt, war nicht nur Zeichner, sondern auch Fotograf. Seine Bilder prägen bis heute unseren Blick auf das Berliner „Milieu“ seiner Zeit.

  • Lovis Corinth: Portrait „Alfred Kerr“

    Ausgangspunkt eines jüngst abgeschlossenen und vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste (DZK) Magdeburg geförderten Forschungsprojekts war die ungeklärte Provenienz des Portraits „Alfred Kerr“ von Lovis Corinth aus dem Jahr 1907 (Inv.-nr. GEM 74/74), das sich in der Sammlung des Stadtmuseums Berlin befindet. Ein Beitrag aus der Provenienzforschung.

  • Spurensuche nach „entarteter Kunst“

    „Die Blumenfrau“ von Hans Christof Drexel: ein Beitrag aus der Provenienzforschung des Stadtmuseums Berlin.

  • Die „Reichsbankmöbel“

    Sie kamen als Überweisung des Ministeriums für Finanzen der DDR in den 1950er Jahren an das Märkische Museum: 47 französische Antiquitäten des 18. und 19. Jahrhunderts. Was haben französische Möbel mit der Stadtgeschichte Berlins zu tun? Ein Beitrag aus der Provenienzforschung.